Nach 70 Jahren: Grenzvolk wieder auf der Walbecker Bühne

"Grenze, Grips und viel Genever"

Das Programm galt als Eintrittskarte für die Vorstellung am 27.12.1949. "286" war die Nummer des Sitzplatzes.

Grenzvolk

Walbeck Am Wochenende 15./16. Juni wird in Walbeck das traditionelle Spargel- und Dorffest gefeiert, darin eingebunden ist in diesem Jahr auch wieder das „Schmugglerspektakel“. Der Ort präsentiert sich dabei im Ambiente eines Grenzdorfes der 1920er Jahre. Besucher treffen bei ihrem Rundgang durch die Straßen unter anderem auf diverse Schmugglergestalten – allen voran Schmugglerkönig Att – patrouillierende Grenzbeamte in ihren historischen Uniformen, allerhand arbeitendes und sich belustigendes Volk, dem Dorfpfarrer, der, besorgt um seine „Schäfchen“, seine Runden dreht und dem Nachtwärter, der lauthals Neuigkeiten aus dem Dorf verkündet. Ein absolutes Highlight findet auf dem Schulhof statt. Zur Aufführung gelangt „Grenzvolk“, ein Theaterstück nach dem gleichnamigen Roman Jakob Schopmans (1892-1977), Walbecks Heimat und Mundartdichter. Rückblick Der Heimat-Roman „Grenzvolk“ erschien 1929 erstmalig als Tagesfeuilleton in der „Niederrheinischen Tageszeitung“ und hat bei den damaligen Lesern eine begeisterte Aufnahme gefunden, davon künden zahlreiche, zum Teil humorige Leserzuschriften. So zum Beispiel die folgende: Ein Ehemann gab seiner Freude Ausdruck, dass der Roman, so interessant er auch sei, nun doch endlich zum Schluss gekommen sei: Das Weibervolk in seinem Haus habe für nichts anderes mehr Auge und Ohr gehabt. Wiederholt habe er angebrannte dicke Bohne zum Mittagessen bekommen. Noch im gleichem Jahr wurde der Roman vom Verlag Schaffrath in Geldern verlegt, eine zweite Auflage erschien 1939 und eine Neuausgabe kam 2012 auf den Markt. Helmut Schopmans, seit 1949 2. Vorsitzender des Theatervereins „Gemütlichkeit“ Walbeck und Mitglied des Spielausschusses, hat noch im gleichen Jahr, 20 Jahre nach der Erstveröffentlichung, „Grenzvolk“ zu einem Schmugglerdrama in fünf Akten umgearbeitet. Im Herbst des Jahres stellte er sein Erstlingswerk dem Spielausschuss vor und fand dessen Zustimmung. Die Proben begannen, die Uraufführung wurde für den 2. Weihnachtstag terminiert. Und schon bald drang einiges an die Öffentlichkeit, alle waren gespannt auf das neue Stück. Als dann in der „Rheinischen Post“ die Aufführung des Stückes angekündigt wurde, waren die Eintrittskarten zum Preis von 1 DM im nu vergriffen, die Kartennachfrage aber hielt an. Und so kam es wie es kommen musste, am Pemierenabend reichten die 500 Sitzplätze bei weitem nicht aus, weitere 100 Besucher drängten sich in den Saal der „Friedenseiche“, einige hatten Stühle von zuhause mitgebracht, andere saßen auf den Fensterbänken. Über vier Stunden erstreckte sich das Drama. Gespannt und innerlich gerührt verfolgten die Besucher das Geschehen auf der Bühne, erlebten das anfängliche Liebesglück des Dores von Dorenkamp, nahmen Anteil am tragischen Schicksal seiner Frau Annemarie und verfolgten gespannt das wilde Treiben in der Schmugglerhütte des „krummen Grades“. Von einem Spiel konnte eigentlich nicht die Rede sein, jede Rolle wurde förmlich gelebt und manch einer im Zuschauerraum wird an die Zeit zurückgedacht haben, wo er selbst mit dem Pömmel auf dem Rücken von der Grenze kam und froh war, wenn ihn die Grünröcke nicht erwischten. Insgesamt sieben Vorstellungen gab es im Theatersaal Lamers, dann ging der Verein mit dem Stück auf Tournee. Die Bühnenbilder – das Forsthaus des Dores van Dorenkamp, die Schmugglerkneipe „Zum krummen Grades“ und die Tannenschonung, in der „Schmuggeldores“ sein Leben aushaucht – wurden auf einen Lkw verladen und los ging es. Am Ende der Tournee hatten in drei Monaten 6.700 Zuschauer in insgesamt 13 Aufführungen das Stück gesehen. Es war der größte Erfolg in der Geschichte des Walbecker Theaterverein. Nach 70 Jahren der Erstaufführung kommt nun das Theaterstück wieder zurück auf die Walbecker Bühne. Es könnte keinen besseren Rahmen finden als beim Schmuggler-Spektakel, das im Spargel- und Dorffest am Samstag, den 15. Juni, eingebettet ist . Die Initiative ging vom Walbecker Bäderverein aus, der dieses Stück ursprünglich am Freibad zur Aufführung kommen lassen wollte, dies nun aber aufgrund des Johannes-Oerding-Konzerts ins Dorf verlegt hat. Das Theaterstück wird allerdings in einer etwas moderneren und gestrafften Version dargeboten, hält sich aber inhaltlich an die Vorgaben des Originals. In Szene gesetzt hat es der Regisseur Wolfgang Lenzen, der schon Erfahrung mit der Umsetzung alter Bühnenstücke hat. So ist es auch keine Laienaufführung, fünf Schauspieler, die je zwei Rollen besetzen, werden auf der Bühne stehen. Eine Änderung gibt es beim Titel, statt "Grenzvolk" heißt es am Samstag um 17 Uhr auf der großen Bühne am Schulhof "Grenze, Grips und viel Genever". Bereits am Freitag gibt es eine öffentliche Generalprobe , für beide Veranstaltungen ist der Eintritt frei.