Als für Walbeck der Krieg zu Ende ging

Als der Krieg für Walbeck zu Ende ging

Das Spargeldorf wurde von vier kanadischen Soldaten „erobert“. Auf dem Schloss richtete sich der Divisionsstab der Lowland Division ein. Der britische Feldmarschall Montgomery schlug sein Hauptquartier auf dem Schulhof in einem großen Zelt auf.

VON KLAUS SCHOPMANS

WALBECK Als am 7. Mai 1945 die bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht von Generaloberst Jodl im Hauptquartier von General Dwight D. Eisenhower unterschrieben wurde, schwiegen einen Tag später endgültig die Waffen. Für viele Orte in Deutschland war der Zweite Weltkrieg da schon lange vorbei, auch für den Ort Walbeck. Das Schicksal war gnädig mit dem Dorf umgegangen, in dem es wenige Tote und nur einige zerstörte Häuser gab, als es am 3. März 1945 von vier kanadischen Soldaten „erobert“ wurde. In den Tagen davor war Walbeck vollgestopft mit zurückflutenden deutschen Soldaten, denn die Engländer standen schon an der Maas. Dann wurde es ruhig im Spargeldorf und den wenigen noch im Dorf verbliebenen Bewohnern, darunter Gastwirt Peters, Zeitzeuge Arnold Fleuren und Schreinermeister Stienen, wurde bewusst, dass für sie der Krieg zu Ende war. Flugs eilten die drei in den Kirchturm und bald flatterte das weiße Bettlaken als Symbol der Übergabe im Frühlingswind. Dann eilten sie zum Dorfrand, wo auch noch Walbecks Dorfpolizist in voller Montur mit dem Fahrrad auftauchte. Gemeinsam spähten sie nach Straelen, wo sich gegen 14 Uhr ein Jeep mit vier kanadischen Soldaten näherte. Ein paar Meter vor der Gruppe hielten die Kanadier an. Ein Offizier stieg aus, nahm Polizist Prumboom die Pistole ab und fragte, ob noch deutsche Soldaten im Dorf seien, was alle wie aus einem Mund verneinten. Die Soldaten packten sich den Dorfpolizisten, setzten ihn auf die Motorhaube ihres Jeeps und fuhren langsam sichernd durch Walbeck, eine komisch groteske Szene in diesen blutigen Kriegstagen. Nach der Inspektion des Dorfes verschwanden sie wieder in Richtung Straelen. In den nächsten Tagen waren die Engländer da und verwandelten den Ort in ein riesiges Heerlager. Die verbliebenen Bewohner wurden aufgefordert, ihre Wohnungen zu verlassen. Auf Schloss Walbeck richtete sich der Divisionsstab der Lowland Division ein. Der britische Feldmarschall Montgomery schlug sein Hauptquartier auf dem Schulhof in einem großen Zelt auf. Auch Sir Winston Churchill war am 23. März 1945 zu Gast in Montgomerys Hauptquartier, worüber der Feldmarschall nicht erfreut war. „Ich werde ihn im Auge behalten und darauf achten, das er sich nur dort hin begibt, wo er niemanden stört“, wird Montgomery zitiert. Gerhard Oppenberg schrieb in seinem Buch „Walbeck – Freiherrlichkeit und Gemeinde“, Walbeck 1968: „In jenen Tagen glich das Dorf Walbeck ganz einem englischen Ort. Sogar die Straßennamen hatten eine englische Bezeichnung. So hieß die Hauptstraße„Fleetstreet“, der Markt hieß „Strand“, die Pinnertstraße (weil in ihr einige Häuser zerstört waren) „Coventrystreet“,...“. Als eine Begegnung, die nie stattgefunden hat, also als Legende, ist das angebliche Treffen der „großen Drei“ zu bezeichnen, das sich vor 75 Jahren inWalbeck zugetragen haben soll und an das bisher nur bildlich erinnert wird, anzusehen. Neben Churchill und Montgomery geht es um Dwight David „Ike“ Eisenhower, der während des Zweiten Weltkrieges Supreme Commander und später der 34. Präsident (1953 bis 1961) der Vereinigten Staaten von Amerika war. Dass er tatsächlich in Walbeck war, allerdings nicht im Hauptquartier von Montgomery, belegen die Erinnerungen vom Walbecker Heimatdichter Jakob Schopmans, die er im Alter von 82 Jahren als „Das Porträt eines Dorfes“ niedergeschrieben hat. Zitat: „Als wir im März des Jahres 1945 auf Befehl der englischen und kanadischen Besatzungsmacht das Dorf räumen mussten, zog ich mit meiner Familie in die Blockhütte in meinem Fichtengrundstück am Grenzwald. Die Truppen waren sehr human. Sie ließen uns drei Tage zum Umzug Zeit, wir konnten mitnehmen, was wir wollten. Die meisten fanden bei den umliegenden Bauern Unterkunft. Nach 14 Tagen wurden in meinem Wald hinter der Hütte etliche Bäume gefällt und verschiedene Zelte aufgeschlagen. Um uns kümmerte sich niemand. Später erfuhren wir, dass das Zeltlager als Ruhequartier für die Offiziere aus der größten Panzerschlacht des Krieges im Raum Goch, Keppeln, Kervenheim und Uedem bestimmt sei. Wir fanden die Bestätigung hierfür, als eines Tages neben uns ein großer blauer Wagen hielt, aus dem Churchill, Eisenhower und Montgomery ausstiegen, um abends an einer Offiziersparty teilzunehmen. Dass wir nun die ganze Nacht nicht schlafen konnten, wird jedem verständlich sein. Es wurde ordentlich gezecht, gesungen und in die Luft geschossen, weil der Sieg gefeiert wurde. Ein stehen gelassenes Kelchglas mit dem eingebrannten Kopf von Eisenhower steht noch im Schrank“. Festzuhalten ist also die Tatsache, dass in den Märztagen des Jahres 1945 der weltbekannte Politiker Winston Churchill Walbeck besucht hat, eine militärische Lagebesprechung der „großen Drei“ (der Begriff bezieht sich ohnehin auf Roosevelt, Churchill und Stalin) hat es im Hauptquartier auf dem Schulhof aber nie gegeben.

Info

Winston Churchill besuchte Montgomery

Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg. Am 3. März 1945 wird Walbeck besetzt, anschließend von den Engländern in ein riesiges Heerlager verwandelten. Am 23. März 1945 besuchte Winston Churchill den Generalfeldmarschall Montgomery im Walbecker Hauptquartier. Am 17. April 1945 konnten die ausquartierten Walbecker wieder zurück in ihren Ort.