Das Walbecker Gebiet war schon früh besiedelt. Germanen haben sich bereits einige Jahrhunderte vor Christus hier auf der in grauer Vorzeit aufgeschwemmten Maas-Niersdüne, etwa 30 bis 40 Meter über dem Meeresspiegel gelegen, angesiedelt. Hügelgräber aus der niederrheinischen Grabhügelzeit (800-500 vor Christi Geburt) beweisen diese These. Das größte Gräberfeld fand man in der Bauernschaft Sand. Mehr als 40 Gräber wurden hier festgestellt. Einige Graburnen, von den meisten sind nur Überreste erhalten, befinden sich heute im niederrheinischen Museum für Volkskunde und Kulturgeschichte e.V. in Kevelaer und im Rheinischen Landesmuseum in Bonn. Die Nachfahren der frühen Bewohner unseres Gebietes erhielten später den Spitznamen „Sandhasen“, nicht ahnend, das auf ihren kargen Sandboden einmal im 20. Jahrhundert und danach ein hochgeschätztes Feinschmeckergemüse wachsen würde, nämlich Spargel, dessen Anbau und Vermarktung dem Ort Wohlstand und eine gewisse Berühmtheit einbrachte.

In der Namengebung kann die Stadt Geldern auf den Drachen verweisen, der durch seinen Todesschrei „Gelre“ der Stadt seinen Namen gegeben hat. Wir Walbecker tasten da mit unserem Namen mehr im Dunkeln. Geht man davon aus, dass der Name in frühen Urkunden als „Walbeek“ geschrieben stand, kann man annehmen, dass die letzte Silbe „beek“ auch Bach bedeuten kann. Die erste Silbe „Wal“ bedeutet nach dem Buch „Deutsches Namenlexikon“ von Hans Ballon, 1967, Sumpf, Niederung. Der Neesenbach, heute ein schmales Rinnsal, der früher reichlicher geflossen ist und den Schlossgraben mit Wasser versorgt, hat sicher Beziehung mit unserem Dorfnamen, der urkundlich erst im Jahre 1250 erwähnt wird. Sicher ist, dass das Gebiet von Straelen aus besiedelt wurde. Die Gemarkung von Walbeck und Twisteden gehörte ursprünglich zur Mark Straelen.

Pfarre und Freiherrlichkeit

 

Ohne Zweifel ist auch die Pfarre Walbeck aus dem Pfarrverband Straelen hervorgegangen, die sich allerdings schon vor dem Jahre 1064, als bereits die Pfarrkirche als kleines Kirchlein bestand, wieder gelöst hatte und unabhängig wurde. Das Kirchlein, es kann auch eine Kapelle gewesen sein, wurde im Jahre 1329 zur jetzigen Pfarrkirche Sankt Nikolaus erweitert und ausgebaut. Zur Pfarrkirche, die viele Jahrhunderte der heiligen Lucia geweiht war, gesellte sich 1432 der Turm und Anfang des 16. Jahrhunderts die Luciakapelle, die als Wallfahrtskapelle eine besondere Bedeutung erhielt und zu der besonders am Sankt Luciatag, den 13. Dezember, der von altersher mit einem Kirmes- und Jahrmarkt verbunden war, die Leute von nah und fern strömten. Mit dem heutigen „Weißen Haus“, das in Jahre 1625 als Pilger- und später als Pfarrhaus genutzt wurde, und den in Mai 1976 eingeweihten Pfarrhaus der Pfarrgemeinde St. Nikolaus sowie dem sich hieran anschließenden „Rosengarten“ bildet das Pfarrzentrum heute eine sehenswerte harmonische Einheit.

Walbecker Pfarrkirche, die zuletzt 1255 erwähnt wird. Jetzige Kirche 1329 erbaut. Turm 1432 errichtet.

Die alten Rittersleute fehlen bei uns auch nicht und kamen von ihren Stammschloss in der Eifel nach Walbeck: Die Schenken von Nideggen. „Haus Walbeck“ (später Schloss Walbeck) war bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts in ihrem Besitz. Sie führten wahrscheinlich kein feines Leben in der damaligen „Freiherrlichkeit Walbeck und Twisteden“, ihre Lebensweise bot vielmehr ein trauriges Spiegelbild jener sittenlosen Zeit. Sie brachten nicht nur über ihre Familien Schande, sondern stürzten auch die Bewohner der ihnen gehörenden Ortschaften in Armut und Elend

Schloss Waldeck, vormals „Haus Walbeck“, 1403 erstmals erwähnt. Bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts im Besitz der Familie Schenk von Niedeggen. Von 1653-1803 gehört es zum Eigentum derer von Bönninghausen. Im 20. Jahrhundert Spargel-Rittergut des Majors a.D. Walter Klein Walbeck. Seit 1980 im Besitz des „Sozialpädagogischen Institut Christliches Jugenddorf Deutschland“, das die Räumlichkeiten des Hauses bereits seit dem 1950er Jahren für ihre Zwecke nutzte. Heute ist das Schloss in Privatbesitz.

Von Kriegen und Kämpfen zerrüttet

Durch Heirat ging Schloss Walbeck in den Besitz der Familie Byland über. 1663 wurde Freiherr Lothar Wilhelm Otto von Bönninghausen Besitzer von Schloss Walbeck. Der letzte Freiherr von Bönninghausen starb 1802 und wurde mit seiner Ehefrau in der Pfarrkirche begraben. Schloss Steprath kam später an die Familien von Doornig und schließlich an von Nagel-Dornig. Heute ist es in anderer Privathand.

Die „Herrlichkeit Walbeck“ stand in keinem Abhängigkeitsverhältnis zum damaligen Herzogtum Geldern, sondern nur in einem Schutzverhältnis und gehörte zum Oberquatier des Herzogtums. Blut und Tränen flossen in der Zeit vom 15. bis 18. Jahrhundert in unserem Dorf reichlich.

Im Kampf zwischen dem Herzog von Geldern, Carl von Egmont, und dem deutschen Kaiser Maximilian wurde Walbeck am 13. August 1514 in Brand gesteckt. Wenige Jahr später, als das Gelderland unter spanischer Herrschaft stand, begann ein neuer blutiger Geschichtsabschnitt, ausgelöst durch die Reformationen und die damit verbundenen Kämpfe zwischen den Niederlanden und den spanischen Besatzern. Auch unser Dorf litt schwer darunter, die Höfe lagen in Trümmern, die Äcker brach, zügellose Soldaten raubten und plünderten, Armut und Hungersnot wüteten.

Im Jahre 1609 kam es zu einem 12-jährigen Waffenstillstand. Die Stadthalterin der spanischen Krone in den Niederlanden, die Infantin Isabella Clara Eugenia, Tochter des spanischen Königs Philipp II, begann 1626 mit dem Bau eines schiffbaren Kanals zwischen Maas und Rhein, der auch an Walbeck vorbeiführte. 1629 wurden die Bauarbeiten eingestellt. Reste der „Fossa Eugeniana“ sind an der Grift und an der Linksfort noch deutlich zu erkennen und heute als Bodendenkmäler geschützt. Nach dem 12-jährigen Frieden begann das Kriegsgeschrei erneut. Nun wurde das Gelderland und damit auch unser Dorf in die Stürme des Dreißigjährigen Krieges, in dem hier Soldaten vieler Nationen wüteten, hineingezogen. Nur gut fünfzig Jahre konnte das Land sich von den geschlagenen Wunden erholen und aufatmen, als die „Spanischen Erbfolgekriege“ von 1701 bis 1714 wieder unser Land mit Waffenlärm erfüllten. In dieser Zeit fällt auch die Belagerung und Beschießung der Stadt Geldern durch den preußischen Generalleutnant von Lottum, der hier in Walbeck sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte und am 03.Oktober 1703 mit der Beschießung Geldern begann. Die Spanier wurden vertrieben. König Friedrich von Preußen hielt Geldern lange besetzt und im Frieden von Utrecht 1713 kam Geldern und damit auch die „Freiherrlichkeit Walbeck“ endgültig zu Preußen.

Franzosen im Dorf

Mehr als 50 Jahre war wieder Ruhe, dann brach der Siebenjährige Krieg aus und die mit Österreich verbündeten Franzosen besetzten erneut das Land. Nach nur kurzem Frieden brachte die 1789 ausbrechende französische Revolution erneutes Elend. Im Dezember 1792 fielen französische Truppen in das Gelderland ein. Sie wurden zwar bald von den Preußen vertrieben, kamen aber im Oktober 1794 wieder und setzten sich bis 1813 hier fest.

Das Gelderland wurde von den Besatzern in Kantone eingeteilt. Zum Kanton Geldern gehörte auch Walbeck. Die Feudalrechte, der Adel, die Zünfte, Gilden und Innungen wurden aufgehoben, neue Steuern und die Zivilstandsregister eingeführt. Verboten wurden auch Prozessionen, Wallfahrten und Leichenzüge, alle Kreuze wurden abgeschafft, den christlichen Kalender gab es nicht mehr, denn nun war nur jeder zehnte Kalendertag ein Ruhetag. Das Ende Napoleons, eingeleitet durch den Rußlandfeldzug und endgültig besiegelt am 18.Oktober 1813 in der Völkerschlacht von Leipzig, befreite auch das Gelderland von französischer Herrschaft.

Auf dem Wiener Kongress wurde ein bedeutender Teil des Gemeindegebietes von Walbeck abgetrennt und den Niederlanden zugeschlagen. Der Wiener Friede bestimmte, dass die Grenze zwischen dem wieder preußisch gewordenen Gelderland und dem Nachbarland Holland „etwa einen Kanonenschuss weit parallel zum Lauf der Maas“ sich erstrecken sollte. Die Kanonenkugeln flogen damals ungefähr 3,5 bis 4 Kilometer weit. Und so wurden ungefähr 2 ½ tausend Morgen vom Walbeck Gebiet abgetrennt und kamen zu Nachbarland.

Dann herrschte lange Friede. Walbeck bildete 1815 eine eigene Bürgermeisterei, wurde von 1823 bis 1863 von Kevelaer aus verwaltet, existierte ab dann aber als selbstständige Gemeinde bis 1969.

Die Kokermühle. Sie kam 1823 aus Holland und befand sich Müller Generationen in Besitz der Familie Hermans. Sie ist eine von zweien dieser Art in Deutschland und steht, wie auch die Steprather Mühle, unter Denkmalschutz.

Walbeck in der Neuzeit

 

Im Adressbuch des Kreises aus dem Jahre 1843 ist die Einwohnerzahl Walbecks mit 1647 angegeben. Das Dorf war also noch nicht einmal halb so groß wie heute, da Walbeck 4600 Einwohner zählt.

Im Jahre 1845 wurde ein zweitklassiges Schulhaus an der Hauptstraße gebaut, das 1967 abgerissen wurde und einen Parkplatz weichen musste. Um 1856 waren in der Waldecker Bürgermeisterei schon fünf Schulklassen mit drei geprüften Lehrern und zwei Schulschwestern vorhanden. Einige Klassen wurden im heutigen Altenheim auf der Hochstraße untergebracht, bis im Jahre 1911 die heutige Sankt Lucia Schule erbaut und eingeweiht wurde.

Schloss Steprath. Ein Wasserschloss, um 1500 erbaut.

 

Drei Kriege und - Spargel

Die Kriege im Jahre 1866 und 1870/71 berührten Walbeck wenig. Lediglich die Friedenseiche, von Walbecker Patrioten gepflanzt, erinnert daran, dass man 1871 den Erbfeind Frankreich mal wieder besiegt hatte. Schlimmer wirkte sich der erste Weltkrieg von 1914 bis 1918 aus, in dem viele Walbecker ihr Leben ließen, und die Nachkriegszeit manchem Dorfbewohner Armut bescherte, die sich Ende der 20 Jahre noch durch die Wirtschaftskrise und die damit verbundene Arbeitslosigkeit verschlimmerte. Aber es sollte zunächst noch vermerkt werden, das Walbeck ab 1912 an das Elektrizitätsnetz angeschlossen wurde und bereits 1901 Bahnanschluss an die Gelderner Kreisbahn, die aber nur zwischen Kempen und Kevelaer verkehrte und bereits 1932 Ihren Betrieb wieder einstellte.

In den sicher zu Unrecht mit „goldenen“ bezeichneten 1900er Jahren waren die Walbecker fernab von jeglichem Wohlstand. Die Bauern und „Täter“ rackerten wie eh und ja auf ihren kargen Sandböden, „Schütteres“ und „Klompenmäckers“ mühten sich um ihren Tagelohn und der Schmuggel trug mehr oder weniger zur zweifelhaften Berühmtheit des Dorfes bei.

Vor den Toren seines backsteinroten Rittersitzes aber experimentiert Doktor Klein-Walbeck mit Spargelpflanzen, argwöhnisch beobachtet von den Dörflern, von denen einige dann aber bald merkten, dass die weißen Stangen, die dort in den immer länger werdenden Wellen gestochen wurden, mehr Geld einbrachten als Roggen und Kartoffeln. Und 1929 hatte der Spargelmajor 55 Bauern zusammen und gründete mit Ihnen die „Spargelbau-Genossenschaft“ für Walbeck und Umgebung.

Damit wurde das Dorf aus der Unscheinbarkeit eines stillen, abgelegenen Fleckens in den Mittelpunkt wirtschaftlichen und gastronomischen Interesses gerückt. Das „Spargeldorf Walbeck“ war geboren, und sein Ruf als „Mekka der Feinschmecker“ ist nach wie vor ungebrochen.

Der zweite Weltkrieg von 1935 bis 1945 unterbrach die Aufwärtsentwicklung des Dorfes. Er brachte großes Leid für viele Familien. 146 Walbecker Soldaten sind gefallen, viele wurden verwundet, standen für die freistehende Aufbauarbeit nach Kriegsende nicht mehr zur Verfügung oder kehrten erst nach Jahren der Gefangenschaft, der letzte 1955, in ihr Heimatdorf zurück. Auch mehrere Zivilpersonen kamen ums Leben.

Auswirkungen des Krieges

Allgemeines

Wer nach 1945 den Ort besuchte, sah zunächst nur wenig von den Wirkungen des Krieges an ihm. Nur die aus der Versetzung geratenen Steine der Friedenseiche und die Reste des tönernen Brunnenfrosches am Marktplatz verrieten einen schon hier: ganz ungeschunden hatte der Krieg den Ort und seine Umgebung nicht gelassen. Es ging schon früh lebhaft zu. Bereits am 19. Mai 1940, neun Tage nach dem Beginn des Angriffs auf die Niederlande, fiel die erste Bombe in der Bauernschaft Geniel, am 23. Juni 1940 vielen sechs bei Neyendyck und vier Tage später zehn bei der Kokerwindmühle. Die ersten Brandbomben gingen am 30. Juli 1940 nieder. So setzte sich das in steigendem Maße bis zum Kriegsende fort. Seit dem 10. Dezember 1944 kam noch Artilleriebeschluss dazu. Aber glücklicherweise entstand nur geringer Schaden an den Häusern, nur wenige erlitten größere Schäden, eines wurde total zerstört.

Im September 1944 stürzte ein deutsches Jagdflugzeug auf das Transformatorenhaus an der Hochstraße. Zwei Personen wurden in Februar 1945 durch Granatsplitter tödlich verletzt. In der Nacht zum 19. Dezember 1944 stürzte ein deutsches Flugzeug auf den Erkeshof, vier Bewohner kamen dabei ums Leben. Sechs Tote zählte man am Ende des Krieges im Ganzen.

Im März 1945 besetzten alliierte Truppen den Ort. Die Bewohner im Zentrum und eines Bereiches entlang der deutsch-niederländischen Grenze wurden aufgefordert, ihre Wohnungen zu verlassen. Es bestand der Plan, die gesamte Bewohnerschaft nach Bedburg zu evakuieren. Aber auf Drängen von Kaplan Bours wurde den Dörflern gestattet, sich in den Bauernschaften einzurichten. Kaplan Bours rief während der Räumungszeit die Dorfbewohner mal in die Kapelle des Hauses Steprath, dann in einer Scheune und ein anderes Mal im Kanalbett der „Fossa Eugenieana“ zum Gottesdienst zusammen.

Besatzungstruppen rückten nach. Auf Schloss Walbeck richtete sich der Divisionsstab der Rowland Division ein. Der britische Feldmarschall Montgomery schlug sein Hauptquartier im Spargeldorf auf. Auf dem Schulhof stand ein großes Zelt, umgeben von einem hohen Stacheldrahtzaun. In der Nähe der Kokerwindmühle hatten die Engländer zwei Funkanlagen errichtet.

Am 17. April 1945 konnten die ausquartierten Bewohner wieder in ihre Wohnungen zurückkehren.

Pfarrkirche und Kapelle

Walbecks Gotteshäuser haben den Krieg ohne Schaden überstanden. Nur die Glocke musste abgeliefert werden.

Schloss Walbeck und Haus Steprath

Während die Pfarrkirche und die Kapelle glimpflich davon kamen, wurde dem Schloss und Haus Steprath großen Schaden zugefügt.

Am 7. April 1942 schwebte das Schloss in großer Gefahr, als feindliche Flugzeuge in mehrmaligen Anflügen Brandbomben warfen. Etwa ein Dutzend davon trafen das ehemalige Rittergut. Sie zündeten aber nicht oder konnten sofort gelöscht werden. Eine allerdings landete in einem verschlossenen Bücherschrank und wurde erst entdeckt, als der Brand bereits um sich gegriffen hatte; der Dachstuhl stand schon in Flammen. Doch es gelang, des Feuers Herr zu werden. Einige Möbel, auch die juristische Bücherei aus dem Nachlass von Professor Lamprecht, dem Schwiegervater von Walter Klein-Walbeck, wurden vernichtet. Die Schäden konnten sofort ausgebessert werden. Ein Artillerietreffer gegen das Mauerwerk im Winter 1945 blieb ohne bemerkenswerte Wirkung.

Vor der anrollenden Front wurden im letzten Kriegswinter Teile der Inneneinrichtung verlagert und in zwei Kellergewölbe eingemauert. In Sicherheit waren sie nur scheinbar. Als nach dem Abzug des englischen Divisionsstabes Holländer nachrückten, verriet einer von ihnen, der früher im Dienst des Hausherrn gestanden hatte, die Vermauerungen. Aus den Kellergewölben wurden wertvolles Porzellan und Teile des Nachlasses von Professor Lamprecht, darunter eine Reihe unveröffentlichter Manuskripte und mehrere teils sehr wertvolle Gemälde, gestohlen oder vernichtet. Weitere Möbel des Schlosses, Plastiken, Gemälde, Porzellan und so weiter, wurden zum größten Teil zerschlagen, verdorben oder wurden abtransportiert. 6000 Bände der Bibliothek wurden verbrannt, zerrissen, gestohlen. Der repräsentativste Raum des Schlosses war das „Florentiner Zimmer“ mit alten italienischen Möbeln, mit feinster Seidenbrokattapete, mit Lüster. Spiegelrahmen, Vasen, Figuren, einem Schreibservice aus Meißener Porzellan, Ölgemälden und eine Sammlung europäischer Münzen und Medaillen aus dem Besitz von Prof. Lambrecht. Diese Dinge waren nicht in Sicherheit gebracht worden. Von ihnen sind nur Bruchstücke übrig geblieben.

Auf Haus Steprath lagen im September und Oktober 1944 hundert Westwaldarbeiter und von November 1944 bis Januar 1945 war dort eine Strafkompanie der deutschen Wehrmacht untergebracht. Der Schaden in Folge der Einquartierung an Schränken und anderen Möbeln war größer als der, den in der Nähe niedergehende Bomben an Fensterglas und Dachabdeckung verursachten. Einige Teile der Innenausstattung sind allerdings verloren gegangen. Der Baukörper des Hauses blieb erfreulicherweise ohne Schaden.

Die Mühlen

Von den Mühlen des Dorfes wurden nur die Kokerwindmühle mit Kleinbomben und Bordwaffen angegriffen und verlor ihr Flügelkreuz.

Heimatkundliche Sammlung Oppenberg

Nicht unerwähnt bleiben darf der Verlust der heimatkundlichen Sammlung von Gerhard Oppenberg. Während der Zwangsräumung ging der größte Teil der von Lehrer Oppenberg und seinem Vater gesammelten Beiträge und Zeugnisse zur Ortsgeschichte verloren. So eine Reihe von Urkunden und Akten, die bis in die Zeit um 1450 zurückreichten, ein Lagerbuch der Freiherrlichkeit Walbeck vom Jahre 1628, zwei Gerichtsprotokollbücher von Walbeck um 1700 und ein umfangreiches Personen und Besitzregister der Gemeinde von 1828 mit Aufzeichnungen, die bis 1750 zurückgingen; einer eine dickbauchige, 25 cm hohe römische Urne aus dem ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung und viele Teilstücke römischer Keramik: dann Handschriften, Notizen und Pressezuschnitte zur Heimatgeschichte in sehr großer Zahl. Viele in Jahrzehnte zusammengetragene Daten zur Walbecker Geschichte sind damit vernichtet und z.T. für immer ausgelöscht worden.

Zusammenfassung

Der Krieg hat Walbeck oft bedroht, aber doch nur selten und nicht zu hart zugeschlagen. Die schwersten Schäden entstanden nach dem Kriege. Nennen wir noch einmal Schloss Walbeck und die Sammlung Oppenberg.

Nach dem Krieg spuckten in Walbeck, wie überall in Deutschland, die Menschen kräftig in die Hände und rührten sie unermüdlich zu Aufbau.

Am 07. August 1949 erklangen erstmalig die neuen Stahl-Kirchenglocken mit dem Namen St. Luzia, St. Maria, St. Norbert und Clemens-August. 1960 wurde mit dem Bau eines neuen Schwesternhauses begonnen, 1965 im rückwärtigen Teil des Schwesternhausgeländes ein dreizügiger Kindergarten bezogen

 

Das weiße Haus im Pfarrzentrum. Im Jahre 1625 erbaut. Früher Pilgerhaus und Pastorat. Heute Pfarrbücherei.

Der Spargelbau kam wieder in Blüte. Wurde die Zahl der Spargelfelder in den 1960er Jahren durch die Flurbereinigung auch kleiner, so sorgen die Treibhäuser mit Blumen und Topfpflanzen dafür, dass das Dorf finanziell immer mehr gesundete. Und neues Vereinsleben wuchs und blühte auf. Nachdem Krieg wurden unter anderem folgende Vereine gegründet: 1947 der Taubenzuchtverein „Grenzflieger“, 1957 die Kolpingfamilie, 1960 das Trommlerkorps, 1972 der Verein „Vogelschutz und Farbenpracht“, 1973 die DLRG Ortsgruppe Walbeck, 1979 der Heimat und Verkehrsverein (Neugründung), 1981 die Landhausgemeinschaft, 1982 die Pfadfinderschaft St. Georg, 1983 der Tennisclub, 1990 der Förderverein Steparater Mühle Geldern-Walbeck und der Pistolenclub, später in Sport- und Bogenschützenclub umbenannt, 1998 die 

 

 

Walbeck = Geldern 3 -- Die kommunale Neugliederung

 

An die Bezeichnung Geldern 3 konnten die Walbecker sich schlecht gewöhnen. Amtlich und postalisch war der Dorfname nicht zu retten. Gleiches Schicksal erfuhren auch andere Orte. Das Gesetz zur Neugliederung des Landkreises Geldern, das im März 1969 verabschiedet wurde, hatte es so gewollt.

Vorher und nachher aber hat sich noch einiges im selbstständigen Amt Walbeck (mit Pont und Veert) getan. Kanalisation und zentrale Wasserversorgung wurden in den 1960er Jahren gebaut. Ebenso ein neues Klärwerk und eine Gemüseanlieferungshalle am Bergsteg. Die alte Schule wich 1967 einem neuen Parkplatz und auch der Kaplanshof, ein alter landwirtschaftlicher Betrieb, fiel der Spitzhacke zum Opfer. Das Grundstück ging in den Besitz der Gemeinde über, Parkplätze entstanden. Kurz bevor es zur kommunalen Neugliederung kam und Walbeck postalisch Geldern 3 hieß, wurde mit dem Bau eines Freibades auf 24 Hektar Wald und Weidefläche begonnen, das 1973 offiziell eröffnet wurde. 1975 wurden die Turnhalle und der Schulerweiterungsbau eingeweiht. Nachdem in den 1960er Jahre bereits am Grenzweg eine Ferienhausiedlung gebaut wurde, zogen Ende der 1970er die Bewohner in den Landhauspark ein. Anfang der 1980er Jahre wurden nochmals über 10 Millionen Mark in ein neues Klärwerk und die Ring- Kanalisation investiert. 1988 erhielt der Sportverein Walbeck endlich seinen idyllisch gelegenen Rasensportplatz und der Tennis-Club konnte sich über seine schöne neue Platzanlage mit eigenem Clubraum freuen.

1983 wurde auf dem Kaplanshof ein modernes Volksbankgebäude, 1990 der neue Dorfplatz eingeweiht.

Die gute der Entwicklung, von der Stadt Geldern gefördert, hielt auch in den 1990er Jahren an. An der Umgehungsstraße L361 entstand ein neues Gewerbegebiet. Der Markt wurde neu gestaltet und auch die Ortsdurchfahrt der Walbecker Straße. Beide Projekte unterstützte der Heimat- und Verkehrsverein. Neue Baugebiete wurden ausgewiesen und ein regelrechter Bauboom entwickelte sich. Auch auf kulturellem Gebiet tat sich einiges im Ort: die Pfarrkirche erhielt eine neue Orgel mit barockem Klang. Die Steprather Mühle wurde zum beliebten, viel besuchten Ausflugsziel - ein Verdienst des Fördervereins.

Die ebenso wertvolle historische Kokermühle, heute in Privatbesitz, wurde vor dem Verfall gerettet. Schloss Walbeck und Haus Steprath sind in guten Händen und bleiben so der Nachwelt erhalten als Zeugen einer wechselvollen Geschichte des Ortes und des Gelderlandes.

Auch die Einwohnerzahl wuchs stetig. Weihnachten 1996 wurde mit Timo Brauwers der 4000. Walbecker geboren. 1998 wurde die Seniorenresidenz „Walbecker Hofgarten“ auf dem Kaplanshof mit 41 Wohneinheiten und einem Cafe-Restaurant fertiggestellt. Im gleichen Jahr wurde auf dem Platz vor der „Alten Bürgermeisterei“ die lebensgroße Figur einer Spargelstecherin enthüllt.

Zum Abschluss unserer kleinen Dorfgeschichte noch ein kurzer Rückblick auf das örtliche Geschehen in den ersten 15 Jahren des 21. Jahrhunderts:

- Erika Allofs wurde 2000 Walbecks erste „Spargelprinzessin“.

- Die KAB feiert 2000 ihr 75-jähriges Bestehen.

- Ein Großfeuer im „Techfab-Werk“ (Verteidig) richtet Schaden in Millionenhöhe an.

- 2003 wird vor der „Alten Bürgermeisterei“ ein historischer Grenzsteinaufgestellt.

- 2003: die St. Antonius- und St. Sebastianus Bruderschaft feiert ihr 575-jähriges Bestehen.

- Auf dem Kaplanshof wird 2004 ein Vereinsgitter eingeweiht.

- Die Pfarrgemeinde St. Nikolaus verliert 2007 ihr Selbstständigkeit.

- Der Sportverein feiert 2013 sein 100-jähriges Bestehen.

- Der Bundesköniginnentag findet 2015 in Waldeck statt.

 

Fazit

Bei allem Wandel in den letzten stürmischen 70 Jahre darf man getrost feststellen, dass sich Walbeck dennoch seine Eigenständigkeit erhalten hat und das liebenswertes „Spargeldorf“ geblieben ist. Ein Ort mit hohem Wohnwert, in dem sich nach wie vor gut leben lässt.

Text: Helmut Schopmans und Walter Dyckx

 

Ein Bild vom alten Walbeck. "Die Freidenseiche" mit der früheren Gaststätte Allofs