Die Geschichte des Heimat und Verkehrsvereins

1927

Die Vereinsgeschichte beginnt in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre. Bereits damals erkannte ein Mann die Wichtigkeit eines Verkehrsvereins für das Dorf Walbeck. Es war keiner aus dem Ort. Seine Wiege stand in Bonn am Rhein. Es war Walter Kolb, nach dem Zweiten Weltkrieg 10 Jahre Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt am Main, einer der angesehensten Kommunalpolitiker im jungen Nachkriegsdeutschland. Nach dem Tod des Walbecker Bürgermeisters Wilhelm Dietzler (07.05.1927) hatte die Regierung in Düsseldorf den 25 Jahren alten Referendar Kolb mit der Verwaltung des Dorfes, das damals 2.300 Einwohner zählte, beauftragt. Von Mai bis Ende August 1927 hat Kolb die Dienstgeschäfte eines Dorfbürgermeisters geführt. Obwohl nur diese wenigen Monate vor Ort, erkannte er sofort die reizvolle Lage des Dorfes, das zu jener Zeit lediglich die zweifelhafte Berühmtheit eines Schmugglerdorfes aufwies, das aber für den Fremdenverkehr aufgrund seiner landschaftlichen Lage viele Voraussetzungen besaß. Zusammen mit anderen Walbecker Persönlichkeiten, darunter Gerhard Oppenberg und Jakob Schopmans, gründete er einen „Verkehrs- und Verschönerungsverein“ und initiierte eine intensive Werbekampagne. Dazu gehörte auch die Herausgabe eines von Kolb und Schopmans gemeinsam gestalteten Werbeprospektes, in dem unter der Überschrift „Luftkurort Walbeck (Niederrhein)“ touristische Hinweise auf die Sehenswürdigkeiten des Dorfes und seiner Umgebung sowie einheimische Gastronomiebetriebe aufgelistet sind. Auch Ansichtskarten mit der Aufschrift „Luftkurort Walbeck“ (ausgewiesen sind 13) wurden in Umlauf gebracht. Dem neuen „Verkehrs- und Verschönerungsverein“ war jedoch trotz aller Bemühungen nur eine kurze Existenz beschieden. Nach dem Ende der Amtszeit von Walter Kolb fehlte der ausschlaggebende Antrieb, der Verein schlummerte schon bald dahin. Die Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre tat ihr übriges und so blieb Walbeck arm und weiterhin ein Schmugglerdorf.
Walter Kolb aber hatte zeitlebens zu seiner ehemaligen Wirkungsstätte am Niederrhein und zu seinen Walbecker Freunden, insbesondere zu Jakob Schopmans, freundschaftliche Kontakte unterhalten. 1951 war er in Walbeck zu Gast und als der Musikverein 1877 Walbeck 1952 sein 75-jähriges Bestehen feierte, fungierte Kolb als Schirmherr der Jubelfeier.

Eine von 13 Ansichtskarten "Luftkurort Walbeck" aus dem Jahr 1927.

 

 

1934

Der Aufschwung des verträumten, ärmlichen Heidedorfes zu dauerhaftem Wohlstand und Ansehen ist in erster Linie dem Ex-Major des Ersten Weltkrieges und Rittergutbesitzer Walter Klein-Walbeck zu verdanken, der in Walbeck den Spargelbau einführte, dessen Anfänge auf das Jahr 1921 zurückgehen. Am 01. Januar 1921 gründete er im Lokal Eyckmann, zusammen mit 55 Kleinbauern, Handwerkern und Arbeitern, die „Spargelbaugenossenschaft für Walbeck und Umgebung“. Der Stärke nach noch kein Regiment, aber immerhin schon eine kleine Kompanie. Bald war der Name Walbeck an den Produktbörsen im Rheinland und im Ruhrgebiet bekannt, und die Walbecker Erzeuger erzielten dort die höchsten Preise für das Edelgemüse. Der Bekanntheitsgrad des kleinen Grenzdorfes wuchs. Ein Grund mehr, ihn auch wirtschaftlich zu nutzen und Fremde ins Dorf  zum Spargelessen zu locken. 1934, fünf Jahre nach der Gründung der Spargelbaugenossenschaft, kam es zu einer Neugründung des Verkehrsvereins. Neben der Gemeinde waren die Spargelbaugenossenschaft und die Walbecker Geschäftsleute Träger dieser Organisation, die für Walbeck sehr viel geleistet hatten und außer für Fremdenverkehrswerbung auch für eine Verschönerung des Ortes Sorge getragen hat. Die Gründungsväter waren diesmal Paul Körschgen (Bürgermeister), Gerhard Oppenberg (Volksschullehrer), Leo Holla (Mitglied des Gemeinderates) und Jakob Schopmans (Gastwirt, Heimat und Mundartdichter). Letzterer, der bereits in seinem „Café Köbkes“ die ersten Spargelstangen servieren ließ, rührte nun als gelernter Journalist kräftig die Werbetrommel und pries das Dort in den Zeitungen als „Spargelparadies am Niederrhein“. Die Gemeinde spannte Wimpelketten und Spruchbänder über die Straßen auf denen Sprüche standen wie „Walbecks Spargel gut und frisch, kommt hier auf den Schenkentisch. Lab dich an der Gottesgabe, eh du greifst zum Wanderstabe“, oder „Lebe wohl du lieber Gast, frohen Sinn beim Wandern. Fandest du hier gute Rast, sag es allen anderen“.
In den dreißiger Jahren gehörten „Spargelfahrten“ nach Walbeck auch zu jährlichen Programm der Nationalsozialistischen Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ (Gau Essen). Mit Bussen wurden die Ausflügler nach Walbeck gebracht, wo sie das Spargelrittergut besichtigen konnten und ein Mittagessen, bestehend aus 1 Pfund Spargel, 125 Gramm gekochten Schinken, Buttersauce und Kartoffeln, in den Gaststätten Schopmans, Deckers und Seyen serviert bekamen, alles, inclusive Busfahrt, für 5 Reichsmark. Es gab die ersten Rundfunksendungen über Walbeck und bald wurde das Ende der Spargelsaison mit einem großen Festumzug, an dem sich alle Bauernschaften und die örtlichen Vereine mit Gruppen und/oder einem Festwagen beteiligten, gefeiert. Mit Musik und Tanz klangen die Festlichkeiten am Abend des Festtages in den Sälen Lamers und Neyenhuys schließlich aus. Da beide Säle am Festtag stets überfüllt waren, wurde für die Walbecker montags ein „Extraspargelball veranstaltet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

1951

Der Zweite Weltkrieg brachte Ende der 1930er Jahre alle Aktivitäten des Vereins zum Erliegen, diesmal für lange Zeit. Erst 1951, nachdem die Spargelbaugenossenschaft ihren Beschluss bekanntgegeben hatte, das Spargelfest künftig nicht mehr auszurichten und zu finanzieren, wurde die Forderung nach dem Wiederaufleben des Walbecker Verkehrs- und Verschönerungvereins erhoben. Im Mai 1951 war es dann schließlich so weit. Auf einer Versammlung im „Haus Schopmans“, einberufen von der Gemeindeverwaltung, wurden von den Teilnehmern die Weichen für einen Neuanfang gestellt. Es wurde ein Vorstand gebildet, dem folgenden Personen angehörten: Amtsdirektor Körschgen, Hans Lehnen, Walter Klein-Walbeck, Leo Holla und Gerhard Oppenberg. Sechs Jahre nach Kriegsende hatte Walbeck wieder einen Verkehrsverein. Nun veranstaltete der neue Verein mit großem Erfolg die jährlichen Spargelfeste und kürte auch jeweils eine „Spargelkönigin“. In den 1960er Jahren gab es keine „Königinnen“ mehr und damit auch keine Spargelfest. Der Verkehrsverein beschränkte sich nun darauf, das Dorf in Ordnung zu halten, Ruhebände und Papierkörbe aufzustellen und es zur Spargelzeit zu beflaggen. Das überließ man in den späteren Jahren der Gemeinde. Wieder fiel der Verein in einen „Dornröschenschlaf“. Nun organisierte der Musikverein die Spargelfeste.

1979 bis heute

Im Zuge der Kommunalreform 1969 verlor die Gemeinde ihre Selbstständigkeit. Walbeck ist seitdem ein Stadtteil von Geldern. Der gute Ruf als „Spargeldorf“ hat darunter zwar nicht gelitten, obwohl Walbeck als „Vorzeigedorf“ der neuen Stadt Geldern nicht besonders gefördert wurde, aber Bürgerinitiative war wieder mehr gefragt. So konnte es nicht ausbleiben, das der Ruf nach einem Verkehrsverein wieder laut wurde. Aber erst zehn Jahre nach der kommunalen Neugliederung war es soweit. Helmut Schopmans scharte im August 1979 eine Handvoll gleichgesinnter Walbecker um sich und betrieb die Neugründung eines Verkehrsvereins, der nun den klangvollen Namen „Heimat- und Verkehrsverein“ (HVV) tragen sollte. 900 Einladungen wurden verschickt an die Geschäftsleute, Vereine, Institutionen und Walbecker Bürger. Klar herausgestellt wurden darin die Ziele, die lauteten: Verschönerung des Ortsbildes, Förderung der Heimatpflege, der kulturellen und sportlichen Aufgaben und die Förderung der Kontakte zu den Neubürgern. Die Resonanz in der Bevölkerung war mäßig. Viel waren der Ansicht, der Verein werde keine lange Lebensdauer erreichen. Vereine gäbe es schließlich genug im Ort. Nur 70 Bürger kamen am 27. August 1979 in die Gaststätte „Zum Mühlenhof“ zur Gründungsversammlung. 60 wurden spontan Mitglieder des neuen Heimat- und Verkehrsvereins. Helmut Schopmans wurde zum Vorsitzenden gewählt. Den Mitgliederbeitrag hielt man bewusst niedrig. Schließlich sollte jeder Bürger die Möglichkeiten haben, bei einem Jahresbeitrag von 12 DM Mitglied zu werden. Als man nun sah, dass in der Folgezeit der zunächst noch kleine Verein recht aktiv war und das Dorfbild an verschiedenen Stellen positive Veränderung erfuhr, stieg die Mitgliederzahl. 1982 zählte der Verein bereits 500 Mitglieder; nach der Umstellung der Einzelmitgliedschaft auf die Familienmitgliedschaft sind aktuell ca. 350 Familien/Vereine Mitglieder des Vereins. Nach 21 Jahren erfolgreicher Arbeit gab Helmut Schopmans 2001 sein Amt als 1. Vorsitzender des HVV auf. Heinrich Hacks wurde sein Nachfolger. Seine Amtszeit war nur von dramatischer Kürze. Im Zuge einer lang geführten Diskussion um den Bau eines „Luzia-Brunnen“ musste der neue Vorstand des HVV auf einer Bürgerversammlung im September 2001 eine Abstimmungsniederlage hinnehmen, die den Rücktritt des kompletten Vorstandes zu Folge hatte. Um den Verein vor der Auflösung zu retten, bildeten Matthias Germes und Helmut Schopmans einen Notvorstand. Im Dezember 2001 wurde in einer erneuten Versammlung Matthias Germes an die Spitze eines neuen Vorstandes gewählt. Nach dreijähriger Tätigkeit trat Germes zurück. Im März 2005 wurde Franz Thekook neuer Vorsitzender und seit März 2015 steht erneut Heinrich Hacks an der Spitze des HVV.

Bild unten: Die "Friedenseiche" am Markt. Bepflanzung und Pflege gehören zu den Aufgaben des HVV